Sommerbuch des Monats: „Helle Sommer“ von Sophie Astrabie

Mit Sicherheit eines der schönsten Sommerbücher des Jahres: „Helle Sommer“ von Sophie Astrabie

Billie wächst in ziemlich bescheidenen Verhältnissen bei ihrem Großvater in der französischen Provinz auf, die Mutter ist früh verstorben. Das Mädchen trifft schon als Kind im Sommer Maxime, ein Junge aus dem fernen Paris, der ihr das schönste Geschenk ihres Lebens macht – einen Walkman, der aber aus einer anderen Welt kommt. Seiner Mutter ist dieser sommerliche Umgang gar nicht recht. Die beiden sind sich so nah und doch über viele Jahre füreinander unerreichbar.

Sophie Astrabie hat eine sozialkritische Geschichte in der Tradition von Annie Ernaux geschrieben, aber doch ganz anders – so charmant erzählt, mit viel Empathie und Zuneigung für ihre Figuren, denen sie das ganz große Unglück nicht gönnen will.

Sophie Astrabie: „Helle Sommer“
Aus dem Französischen von Isabella Bautz
S. Fischer, 272 Seiten, 24 Euro
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Jugendbuchtipp: „Der verschwundene Wal“ von Hannah Gold

Lust auf Bekanntschaft mit Weißschnauze? Eines dieser Jugendbücher, die auch Erwachsene absolut nicht kalt lassen: „Der verschwundene Wal“ von Hannah Gold. Im Mittelpunkt steht der elfjährige Rio in London. Seine Mutter geht wegen einer Depression in eine Klinik, weshalb der Junge einige Zeit bei seiner Großmutter in Kalifornien verbringen soll, in mehrfacher Hinsicht eine sehr schwierige Zeit für Rio. Bei seiner Großmutter entdeckt er ein Skizzenbuch seiner Mutter, das eine tiefe Liebe zu Walen offenbart. Rio entdeckt damit ein Thema, das für ihn eine Verbindung zu seiner abwesenden Mutter bildet und dafür sorgt, dass sich für ihn ein ganz neuer Horizont öffnet. Auf einer Walbeobachtungsfahrt entdeckt er das Grauwalweibchen Weißschnauze. Zwischen den beiden scheint sich eine schon fast magische Beziehung zu entwickeln.

Ein im wahrsten Sinne wunderbarer Roman über einen jungen Menschen und seine tiefe Verbindung zu Menschen und Tieren. Ganz besonders sind die bewegenden Illustrationen von Levi Pinfold. Es könnte sein, dass man als Leser gegen Ende meint, etwas ins Auge bekommen zu haben. Der Schluss lässt einen ergriffen glücklich und mit einigen neuen Erkenntnissen über Wale zurück.

„Der verschwundene Wal“
von Hannah Gold,
Illustrationen von Levi Pinfold,
Aus dem Englischen von Sylke Hachmeister
Von Hacht Verlag, 284 Seiten, 18 Euro
Empfohlen ab 10 bis 14 und noch viel älter
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Zwei ganz besondere Kochbuchtipps: „Frühlingsgenuss und Sommerliebe“ und „Rosensirup und Wildapfelgelee“

Helle Freude auf dem sonnigen Brandplatz: Eindeutig bricht genau jetzt der Sommer aus! Dazu holt euch die passenden Bücher zum Wohlfühlen:

– „Frühlingsgenuss und Sommerliebe“ von Elena Klink, Thorbecke, 200 Seiten, 29 Euro
Lust auf die schöne Zeit machen leichte, vegetarische Rezepte für drinnen und draußen. Es geht um Leckeres fürs Picknick oder die Gartenparty und die erfrischenden Getränke dazu.
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– „Rosensirup und Wildapfelgelee“ von My Feldt, at Verlag, 278 Seiten, 37 Euro
Das Kultbuch für naturnahes Genießen liefert Inspirationen für Säfte, Sirups, Gelees, Marmeladen und Kompotts. Im Mittelpunkt stehen natürliche Zutaten und eine nachhaltige Verarbeitung.
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Buchtipp: „Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“ von Saša Stanišić

Schon was Außergewöhnliches gelesen in diesem Jahr? Ganz frisch erschienen ist das Buch von Saša Stanišić mit dem Titel
„Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“.

Es ist kein Roman, es sind auch auch keine klassischen Kurzgeschichten, eher ein verspielter Prosastrom mit Stammpersonal, fasziniert von der Idee, für nur 130 Mark einen Proberaum des Lebens zu betreten und mal zu schnuppern, wie das spätere Leben verlaufen könnte. Will man das wissen? Die Knilche im Buch wollen das und da ist auch der Erzähler Saša, der einmal auf Helgoland ein Gasthausschild geklaut haben soll, so wird gemunkelt. Ein Text mit viel Erzählkunst und diversen seltsamen Meta-Ebenen. Es geht um die entscheidenden Zufälle im Leben, den Kampf gegen Konventionen, den Frust im Memory-Spiel, über Zugehörigkeit sowie Identität und allerlei Anderes. Recht vieldeutig ist dieses Buch. Und ziemlich lustig.

Saša Stanišić: Möchte die Witwe …“
Luchterhand Verlag, 254 Seiten, 24 Euro
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Vom Kunden empfohlen: „Andy Africa“ von Stephen Buoro

Ganz besonders nette Urlaubspost hat uns in diesen Tagen erreicht: Aus der Reihe „Freunde der Buchhandlung empfehlen“ berichtet Thomas von seinem Leseerlebnis mit Stephen Buoros starken Debütroman „Andy Africa“:

„Ich danke Stefan Jakubik für diese tolle Empfehlung [Aber sehr gerne!]

Urlaubszeit ist Lesezeit – und wer eintauchen möchte in eine lyrische Coming of Age Story – wie man sie lange nicht mehr in den Bücherregalen finden konnte, der sollte dieses Buch unbedingt in den Reisekoffer packen. Man möchte Andy an sich drücken, ihn trösten und sein so tragisches und junges Leben mit etwas mehr Glück versöhnen.

Man bekommt ein Gefühl für die Ungerechtigkeiten,  für das Verhängnis dieses Kontinents. Würde ich nicht auch versuchen, dem zu entkommen?“

Stephen Buoro: „Andy Africa“
Rowohlt Verlag, 416 Seiten, 24 Euro
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Paul Auster-Abend: Gespräch über Leben und Werk des Autors mit seinem Übersetzer Werner Schmitz

Viele kamen zur Veranstaltung zu Paul Auster in die Buchhandlung. Thema waren Werk und Leben des kürzlich verstorbenen US-amerikanischen Autors. Zu Gast: sein Übersetzer Werner Schmitz. Es ging um die Motive Zufall und Vatersuche in Austers Büchern, sein Leben und die Liebe, literarische Vorbilder, Politik und Geschichte der USA, das Schreiben mit der Hand und auf der Schreibmaschine, Austers Filme, Brooklyn, das Rauchen und Baseball. Werner Schmitz erzählte über die Tücken und Freuden des literarischen Übersetzens.

Zum Einstieg in das Auster-Universum empfahlen Werner Schmitz „Baumgartner“ und der Buchhändler Stefan Jakubik die früheren Werke „New York Trilogie“ und „Mond über Manhattan“.

Paul Auster:

  • Baumgartner, Rowohlt, 22 Euro
  • New York Trilogie, Rowohlt Taschenbuch, 16 Euro
  • Mond über Manhattan, Rowohlt Taschenbuch, 16 Euro

Aktion „Buch meines Lebens“: 307 haben teilgenommen / Drei Gewinner gezogen

Insgesamt haben 307 Kundinnen und Kunden ein Buch genannt, das sie einmal in besonderer Weise berührt hat. Die enorme Bandbreite der Titel – vom Klassiker bis zu aktuellen Autoren – war beeindruckend. Wir haben jetzt die Gewinner gezogen: Drei Teilnehmer der Aktion „Buch meines Lebens“ dürfen sich über  einen Gutschein über jeweils 20 Euro freuen!  Die drei wurden benachrichtigt. Übrigens hatten die drei Gewinner folgende Bücher genannt, was allerdings keinerlei Einfluss auf die zufällige Ziehung hatte:

  1. J. R. R. Tolkien: Herr der Ringe
  2. Hanya Yanagihara: Ein wenig Leben
  3. T. J. Klune: Mr. Parnassus‘ Heim für magisch Begabte

Herzlichen Glückwunsch!

Sachbuchtipp: „Radikaler Universalismus“ von Omri Boehm

Aus der Reihe „KundInnen der Buchhandlung empfehlen“ heute ein Tipp von Pastorin Susanne Bachmann-Günther: „Radikaler Universalismus“ von Omri Boehm. Der israelisch-deutsche Philosoph wurde in diesem Jahr auf der Leipziger Buchmesse mit dem „Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung“ ausgezeichnet worden. Über das Buch schreibt Sisanne Bachmann-Günther:

„In letzter Zeit scheint sich die Debattenkultur so zu verändern, dass sich an den Rändern unserer Gesellschaft die Diskurse auf der rechten Seite des Spektrums um den Begriff der Nation drehen und das nationalstaatliche Denken, während auf der linken Seite mit Cancel Culture und dem Ansatz des postkolonialen Denkens der Diskursraum sich immer weiter verengt und mit moralischen Duktus vorgetragen wird. Beide Extreme drehen sich um Fragen der Identität. Angesichts dieser Herausforderungen ist die Frage wie das Menschenbild unserer Verfassung zu sichern ist. Der Rechtsphilosoph Böckenförde hat den Satz geprägt: „Der freiheitliche säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.

Omri Böhm gelingt es, mit seinem Buch „Radikaler Universalismus“, eine Grundlage für das Menschenbild unserer Verfassung zu schaffen, die über dem von Menschen gemachten Gesetz steht und die eine Überwindung der Ungerechtigkeit ermöglicht. Dabei beruft er sich bei seinen Thesen sowohl auf Immanuel Kant als auch auf die Propheten des Alten Testaments.“

Omri Boehm: Radikaler Universalismus – Jenseits von Identität
Ullstein Verlag, 176 Seiten, 13,99 Euro
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Paul Auster verstorben

Er stand für viele für das „gute“, das begabte, intelligente, mitfühlende und intellektuelle Amerika und war wohl einer der europäischsten Autoren der USA: Im Alter von 77 Jahren ist Paul Auster verstorben. In seinem Romanen ging es meistens um die scheiternden oder zugescheiterten Menschen, um die Gestrandeten, denen er mit Empathie und Humor eine Geschichte gab. Der Zufall spielte dabei oft eine schicksalhafte Rolle.

Bekannt und gerade in Europa sehr gern gelesen wurde er mit der „New York Trilogie“, einer rätselhaften, absurden Story um einen Amateurermittler namens Paul Auster. Ganz anders aber auch tief beeindruckend der dystopische Roman „Im Land der letzten Dinge“. In „4 3 2 1“ erzählt Paul Auster auf über 1.200 unvergesslichen Seiten vier verschiedene Variationen des Lebens von Archibald Ferguson. „Baumgartner“ ist Austers letzter Roman, die selbstironische Altersgeschichte eines reifen, sehr verliebten Mannes zwischen Erinnerung, Verlust und Aufbruch. Paul Austers Bücher erzählen die besonders seltsamen Wahrheiten des Lebens und sie geben Hoffnung.

Paul Auster: „Die New York Trilogie“
Rowohlt Taschenbuch, 414 Seiten, 16 Euro
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Paul Auster: „4 3 2 1“
Rowohlt Taschenbuch, 1.264 Seiten, 20 Euro
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Paul Auster: „Baumgartner“
Rowohlt, 203 Seiten, 22 Euro
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Buchtipp: „Tahara“ von Emanuel Bergman

Mit „Tahara“ hat Emanuel Bergman einen besonders rasanten Roman vorgelegt. Wir begleiten den Protagonisten Marcel Klein, passionierter Cineast jüdischer Herkunft und bestens vernetzter Filmjournalist, nach Cannes. Er fährt im Auftrag einer deutschen Zeitschrift zum Filmfestival, denn hier wird das Kino mit reichlich Glamour exzessiv gefeiert.

Im Hotel kommt es zu einer schicksalhaften Begegnung: Er trifft auf Héloïse, eine schöne, melancholische und etwas rätselhafte Französin. Gleichzeitig stoßen sie sich ab und ziehen sich magisch an. Marcel liebt das Kino, verachtet aber die heuchlerischen Akteure der Szene, die die Puppen tanzen lässt. Er vermasselt ein Promi-Interview und die Kulissen beginnen zu bröckeln.

Mit Héloïse entwickelt sich eine leidenschaftliche Liebesbeziehung. Sie streiten, kämpfen und lieben mit- und gegeneinander. Er, der Hochstapler und sie, die Kleptomanin, leiden unter den Traumata ihrer Vergangenheit. Bei Marcel Klein liegt das Problem in der Beziehung zu seinem verstorbenen Vater, dessen Anerkennung er erfolglos herbeisehnte. Erst zur „Tahara“, der rituellen Totenwaschung war er seinem Vater persönlich wiederbegegnet.

Marcel und Héloïse stehen nun kurz vor dem Zusammenbruch und klammern sich aneinander. Atemlos, fassungslos und verknallt folgt man einer Tour de Force der beiden bis in den Abgrund und darüber hinaus. Danach erstmal einen Pastis zur Entspannung.

Emanuel Bergman:
Tahara
Diogenes, 288 Seiten, 25 Euro
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