„Trophäe“, „Minihorror“ und „Ein schönes Ausländer Kind“ – drei herausragende Romane, viel diskutiert in Leipzig

Gefühlt der spannendste Stoff von der Leipziger Buchmesse in der Belletristik – drei iintensiv diskutierte, viel besprochene und gefeierte Romane:

„Trophäe“ von Gaea Schroeters
Zsolnay Verlag, 254 Seiten, 24 Euro
Hunter White ist passionierter Jäger. Zu den „Big Five“ fehlt ihm nur noch das Nashorn. Da kommen ihm im letzten Moment Wilderer zuvor. Stattdessen beginnt er jetzt eine ganz andere Jagd.
Ansehen im Onlineshop

„Minihorror“ von Barbi Markovic
Residenz Verlag, 186 Seiten, 24 Seiten
Mini und Miki kämpfen gegen die Widrigkeiten der menschlichen Existenz. Die Gräuel des Alltags werden hier auf die Spitze getrieben und durchaus humorvoll verarbeitet. Das schräge Buch wurde mit dem Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik ausgezeichnet.
Ansehen im Onlineshop

„Ein schönes Ausländerkind“ von Toxische Pommes
Zsolnay Verlag, 206 Seiten, 23 Euro
Die Autorin mit dem kulinarischen Pseudonym ist bekannt in den sozialen Medien. In ihrem ersten Roman erzählt sie die Geschichte einer jungen Frau, die als Kind mit ihren Eltern vor dem Bürgerkrieg in Kroatien nach Österreich geflüchtet ist. Eine vorbildliche Migrantin will sie sein und lenkt unseren Blick auf die schrägen Seiten unserer Gedellschaft.
Ansehen im Onlineshop

Alle drei Bücher höchst speziell, lesenswert, sehr zu empfehlen.

Total kafkaesk: hundertster Todestag von Franz Kafka – der moderne Klassiker weiterhin empfehlenswert

Wann habt Ihr zuletzt Kafka gelesen? Schon die grandiose Kurzserie im Ersten gesehen? Der Todestag von Franz Kafka jährt sich in diesem Jahr zum hundertsten Mal. Ein Grund, sich mal wieder diesen Autor vorzunehmen. Kafka hat einen legendär klaren Stil. Surreale Elemente seiner Texte, Anfang des 20. Jahrhunderts geschrieben, nehmen die Unmenschlichkeit der damals bevorstehenden Diktaturen vorweg. Sprachlich und erzähltechnisch sind sind seine Texte modern und zeitlos und werden weltweit geschätzt.

In der Buchhandlung findet ihr einiges Lesenswerte von und über Kafka: So gibt es bei Reclam schöne, kleine Neuausgaben seiner Erzählungen, Aphorismen und Parabeln. Wer es gründlich mag, sollte zur Neuausgabe vom „Process“ im Wallstein Verlag mit umfassenden Anmerkungen des Kafka-Experten Reiner Stach greifen. Spannend sind die bei Fischer erschienenen Tagebücher, in denen sich viele sehr persönliche Bezüge zu Kafkas Werken, seiner Familie und seiner Zeit finden.

Kafka war begeisterter Kinogänger. Was ihn wie inspiriert hat, erzählt Hanns Zischler sehr vergnüglich in „Kafka geht ins Kino“. Zum Buch gehört eine DVD mit den Filmen, die Kafka gesehen hat. Wer noch mehr über Kafka erfahren möchte, ist mit der neuen Kafka-Biographie von Rüdiger Safranski bestens beraten.

Welche Leseerfahrungen habt Ihr mir Kafka gemacht?

  • Franz Kafka: Der Geier – Parabeln / Ein Landarzt – Erzählungen / „Die Wahrheit ist unteilbar“ – Die Aphorismen / Die Verwandlung, Reclam, ca. 100 Seiten, je 6 Euro
  • Franz Kafka: Der Process, umfassend kommentiert von Reiner Stach, Wallstein Verlag, 397 Seiten, 34 Euro
  • Franz Kafka: Tagebücher, 3 Bände
    S. Fischer Taschenbuch, je 15,- bis 18,- Euro
  • Hanns Zischler: Kafka geht ins Kino
    Galiani Verlag, 216 Seiten inkl. DVD, 39,90 Euro
  • Rüdiger Safranski: Kafka – Um sein Leben schreiben
    Hanser, 256 Seiten, 26 Euro

Buchtipp: „Rose Valland und die Liebe zur Kunst“ von Jennifer Lesieur

Lust auf einen richtig guten Thriller? Ungemein spannend ist das Buch „Rose Valland und die Liebe zur Kunst“ von Jennifer Lesieur. Und die Geschichte ist gar nicht mal fiktiv, sondern historisch verbürgt. Hauptprotagonistin ist Rose Valland, die während der deutschen Besatzungszeit im Pariser Musée Jeu de Paume tätig war. Mit viel Mut und Zivilcourage dokumentierte sie heimlich den Beutezug der deutschen Besatzer, die Massen an einzigartigen Kunstschätzen aus Privatbesitz, Kunstsammlungen, Galerien und Museen stahlen und im Jeu de Paume zwischenlagerten, bevor sie nach Deutschland abtransportiert wurden. Gewissermaßen der Gegenspieler von Rose Valland war Baron von Behr, der für die Besatzer den großflächigen Kunstraub organisierte.

Volland konnte in Kooperation mit der Résistance und später mit den Alliierten viele Kunstschätze vor der Zerstörung retten und die spätere Restitution ermöglichen. Das Buch ist ein Zeugnis für einen tapferen Einsatz zur Rettung der Kunst.

Jennifer Lesieur: „Rose Valland und die Liebe zur Kunst – Die Frau, die 60.000 Kunstwerke rettete“
aus dem Französischen von Thomas Stauder mit einem Nachwort von Emmanuelle Polack
Elisabeth Sandmann Verlag, 208 Seiten, 25 Euro
Ansehen im Onlineshop

Vier Taschenbuchtipps: Hernan Diaz, Marion Lagoda, Mariana Leky und Doris Dörrie

Lesekreise, Vielleser und Jetsetter können sich über vier sehr bemerkenswerte Titel freuen, die jetzt im praktischen Taschenbuchformat erschienen sind:

Hernan Diaz: „Treue“
btb, 412 Seiten, 15 Euro
Ein vielschichtiger Roman über Geld, einen Finanzmogul um die Jahrhundertwende und eine Frau. Wer bestimmt darüber, wie eine Geschichte erzählt wird. Wessen Geschichte kann man trauen?
Ansehen im Onlineshop

Marion Lagoda: „Ein Garten über der Elbe“
Penguin, 383 Seiten, 13 Euro
Eine Frau wird Obergärtnerin bei einer jüdischen Bankiersfamilie in Blankenese. Sie setzt Maßstäbe bei ihrer Arbeit. Dann kommt der Nationalsozialismus.
Ansehen im Onlineshop

Mariana Leky: „Kummer aller Art“
DuMont, 170 Seiten, 13 Euro
Wunderbare Geschichten über die Seelenprobleme, die wir alle immer mal wieder haben. Intelligente, stilsichere und humorvolle Stories lassen uns nachdenken und schmunzeln.
Ansehen im Onlineshop

Doris Dörrie: „Die Heldin reist“
Diogenes,  240 Seiten, 14 Euro
Historisch waren es immer die Männer, die heldenhaft von ihren Reisen zurückkehrten. Hier ist es eine Frau. Die Autorin erzählt von ihren Erlebnissen in San Francisco, Japan und Marokko.
Ansehen im Onlineshop

 

Eine ganz besondere Frage: Was ist das „Buch deines Lebens“?

Welches Buch hat dich in deinem Leben ganz besonders beeindruckt? Was ist das „Buch Deines Lebens“? Bücher können etwas im Menschen anstoßen, bewegen oder anregen. Schreibt oder sagt uns gerne, welches Buch für Euch eine ganz besondere Bedeutung hat.

Anlässlich des diesjährigen Welttages des Buches stellen wir Euch diese Frage. Die Antworten sammeln wir und werden sie im Laden aufhängen und präsentieren. Zeit habt ist bis zum 30. April, aber ihr könnt auch gerne gleich Eure Antwort im Laden abgeben oder uns per E-Mail schicken (sternkopf.huebel@web.de). Besonders freuen wir uns auch über ein Selfie mit dem „Buch Eures Lebens“, wenn ihr das wollt. Den Anfang machen drei unserer KundInnen und FreundInnen der Buchhandlung: Christiane Pache mit „Offene See“ von Benjamin Myers, Mattea mit dem Klassiker „Tschipo“ von Franz Hohler und Stefan Stodolkowitz mit „Ulysses“ von James Joyce. Was ist das Buch DEINES Lebens?

Unter allen Einreichungen verlosen wir drei Gutscheine von Sternkopf & Hübel à 20 Euro. Mitarbeiterinnen und ihre Angehörigen dürfen teilnehmen, können aber nichts gewinnen.

Freundin der Buchhandlung empfiehlt: „Tiere, vor denen man Angst haben muss“ von Alina Herbing

In der schier endlosen Reihe an belesenen Freundinnen der Buchhandlung empfiehlt Annette Bartlau das Buch „Tiere, vor denen man Angst haben muss“ von Alina Herbing:

„Der Roman schildert in bildstarken Worten das Leben zweier Schwestern im Teenageralter, die in den 90er Jahren mit ihrer Mutter auf einem verfallenen Hof in der mecklenburgischen Einöde leben. Die Mutter hat eine Auffangstation für verletzte und problematische Tiere gegründet, die sie fast täglich aus Notsituationen befreit. Da passiert es schon mal, dass eine Tochter im Schneeregen vor dem Supermarkt vergessen wird und selbst zusehen muss, wie sie abends auf den abgelegenen Hof zurückkommt. „Die Tiere gehen immer vor.“ Damit leben Madeleine und Ronja und arrangieren sich, jede auf ihre Art, mit der zunehmend katastrophaleren Situation zu Hause. Vater und Brüder haben die Familie schon lange verlassen.

Tiere und Natur nehmen dafür immer mehr Raum ein und drängen die Mädchen zurück, so dass sie irgendwann selbst in ihren eigenen Zimmern keinen wirklichen Rückzugsort mehr haben. So wird in einen Teebecher uriniert, weil die Zimmertür von außen versperrt ist von Brutus, einem bedrohlichen Pflegehund. Zwischen von Tieren zerstörtem Mobiliar, schwindenden Vorräten und einer wachsenden Rattenplage verwahrlost der Hof immer mehr und irgendwann werden sogar familiäre Erinnerungsstücke im Ofen verfeuert, um nicht zu frieren.

Bewundernswert ist, wie die beiden Schwestern sich Halt geben. Sie trotzen der zunehmenden Kälte, die sie von allen Seiten umgibt (durch die Ritzen der Mauern, die eingefrorenen Wasserrohre und nicht zuletzt durch die fehlende Zuwendung der Mutter) und schaffen es immer wieder, sich auch in den schlimmsten Situationen gegenseitig die dringend benötigte Wärme zu spenden. Dieses Buch klingt lange nach.“

Alina Herbing:
„Tiere, vor denen man Angst haben muss“
Arche Verlag, 256 Seiten, 23 Euro
Ansehen im Onlineshop

Buchtipp: „Das Philosophenschiff“ von Michael Köhlmeier

Mit „Das Philosophenschiff“ hat der österreichische Autor Michael Köhlmeier einen faszinierenden Roman geschrieben. Worum geht es: Die Grande Dame der Architektur, berühmt in den USA und Europa, Frau Professor Anouk Perleman-Jacob feiert ihren hundertsten Geburtstag mit der Hautevolee Österreichs. Bei dieser Gelegenheit lädt sie den Autor und Ich-Erzähler ein, ihm bei Bier und Zigaretten ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Geboren wurde sie 1908 im zaristischen Sankt Petersburg als einzige Tochter jüdischer Eltern, einer angesehenen Ornithologin – sie hatte die Rosenmöwe in den Polargebieten entdeckt – und eines Architekturprofessors. Sie erleben die Revolution, das Zarensystem wird abgelöst durch den Terror und die Entbehrungen der Bolschewisten. Die Familie kommt zusammen mit einem Dutzend anderer Intellektueller auf einen für das Grüppchen viel zu großen Kreuzfahrtdampfer. Dort begegnet das Mädchen einem geheimen Mitpassagier: Lenin.

Historische Fiktion ist das Genre, dessen sich Köhlmeier nach „Zwei Herren am Strand“ über eine fiktive wenn auch prinzipiell mögliche Begnung von Winston Churchill und Charlie Chaplin wieder bedient. Neben dem spannungsreichen Plot bietet dieser Roman wertvolle Erkenntnisse über das Leben und Denken in autoritär gelenkten Gesellschaften, heute wertvoller denn je.

Nur mit Tapferkeit, Chuzpe und einer sehr großen Portion Glück kann man die Diktatur unbeschadet überstehen und einhundert Jahre alt werden.

Michael Köhlmeier
„Das Philosophenschiff“
Hanser Verlag, 224 Seiten, 24 Euro
Ansehen im Onlineshop

Wanderer über dem Büchermeer: Zwei Buchtipps zum Caspar David Friedrich -Jubiläum

Zum 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich empfehlen wir neben dem Buch von Florian Illies „Zauber der Stille“ zwei weitere Titel über das Geburtstagskind:

 

Caspar David Friedrich – Biografie“
von Boris von Brauchitsch
Insel Verlag, 316 Seiten, 20 Euro
Sehr gründlich beleuchtet der Autor den Maler, seine Werke und stellt den Frühromantiker in den Kontext seiner Epoche. In hoher Qualität wurden viele Bilder Caspar David Friedrichs in dem Buch reproduziert und ausführlich erläutert. Mit einer gewissen Distanz und Respekt nähert sich von Brauchitsch dem Künstler.

Ansehen im Onlineshop

 

Die Frau am Fenster – Ein Leben an der Seite von Caspar David Friedrich“ von Birgit Poppe
Gmeiner Verlag, 282 Seiten, 20 Euro
Als er 44 Jahre alt war, heiratete Caspar David Friedrich die zwanzig Jahre jüngere Caroline Bommer. Die Hochzeitsreise führte die beiden zu den Kreidefelsen von Rügen. Das Paar erlebte liebevolle, aber auch sehr schwere Jahre. Das Buch zeichnet ein lebensnahes Bild dieser Familie und ihrer Zeit.

Ansehen im Onlineshop

 

(Bild: Nagy & Nagy)

Bemerkenswerte neue Taschenbücher: Für wenig Geld hochkarätige Literatur

Einige sehr feine Taschenbücher sind in diesen Tagen erschienen, besonders geeignet für alle Leser und gerade auch Lesekreise, die sich über hervorragende Lektüre zum kleineren Preis freuen. Wir empfehlen:

 

Honorée Fanonne Jeffers: „Die Liebeslieder von W. E. B. du Bois“
Piper, 992 Seiten, 18 Euro
Nur fast 1.000 Seiten über das bewegende Aufwachsen der Ailey Garfield. Das schwarze Mädchen behauptet ihren eigenen Willen gegenüber ihrer Familie und einer immer noch rassistischen Umwelt. Den Hintergrund bildet die gewaltvolle Geschichte Nordamerikas.

Ansehen im Onlineshop

 

Karen Duve“: „Sisi“
KiWi Tachenbuch, 416 Seiten, 14 Euro
Die Kaiserin Österreichs war hübsch aber nicht nur entzückend. Die Intrige beherrschte sie genauso wie waghalsige Reitjagden. Eine facettenreiche Geschichte erzählt die Autorin über diese legendäre Frau.

Ansehen im Onlineshop

 

Jakob Hein: „Der Hypnotiseur“
KiWi Taschenbuch, 208 Seiten, 13 Euro
Micha darf in der DDR sein Psychologie-Studium nicht zu Ende führen. Schopenhauer ist schuld. Stattdessen lässt er seine „KundInnen“ per Hypnose in fremde, schöne Länder reisen. Seine Freundin Anika hilft ihm, damit ein vielversprechendes Geschäftsmodell aufzubauen. Die Staatsmacht ist skeptisch Ein DDR-Schelmenroman.

Ansehen im Onlineshop

 

Maryse Condé: „Das Evangelium der neuen Welt“
btb Verlag, 320 Seiten, 16 Euro
Dieser Roman, der so karibisch-prächtig-farbig wie sein Cover ist, erzählt die Geschichte von Pascal. An einem Ostersonntag wird er als Baby von einem Ehepaar auf einer Karibikinsel gefunden. Die Suche nach seiner Herkunft und nach Glück bestimmt das Leben dieses Helden in einer multikulturellen Welt.

Ansehen im Onlineshop

 

Joachim B. Schmidt: „Tell“
Diogenes, 288 Seiten, 14 Euro
Der Schweizer Autor macht aus dem klassischen Schiller-Stoff einen rasante Krimi. Es geht um den Kampf zwischen Mensch und Natur sowie zwischen Mensch und Mensch in der Gesellschaft im Umbruch.

Ansehen im Onlineshop

 

Claudia Schumacher: „Liebe ist gewaltig“
dtv, 376 Seiten, 13 Euro
Eine Frau wächst in einer nach außen vorbildlichen, bürgerlichen Familie auf. Hinter der glänzenden Fassade herrscht Gewalt durch den Vater. Die Frau bleibt gezeichnet von dieser Jugend bis in ihre Beziehungen als Erwachsene. Sie kämpft um Wärme und Selbstermächtigung.

Ansehen im Onlineshop

 

Fritzis Kinderbuchtipp: „Among us – Verrat im Weltall“ von Laura Rivière

Buchbotschafterin Fritzi hat ein neues Lieblingsbuch: „Among us – Verrat im Weltall“ von Laura Rivière. Worum geht es? Ein kleines Raumschiff ist unterwegs im unendlich großen Weltraum. Plötzlich passieren seltsame Dinge. Ein Mitglied des Teams wird tot aufgefunden. Wer steckt dahinter? Fritzi findet das Buch superspannend und ein kleines bisschen gruselig. Richtig gut. Wer darf und will, kann die Geschichte digital weiterspielen.

Laura Rivière: „Among us – Verrat im Weltall“
Loewe Verlag, 190 Seiten, 9,95 Euro
ab 12 Jahre

Ansehen im Onlineshop