Buchtipp: „Man sieht sich“ von Julia Karnick

Lust auf so einen richtig wunderschönen fetten Sommerschmöker? Wir hätten da was: „Man sieht sich“ von Julia Karnick. So spielt mitunter das Leben:
Sommer 1988. Frie lernt einen neuen Jungen an ihrer Schule kennen. Robert heißt er und es kommt zum Flirt. Es knistert reichlich. Dennoch: Nach dem Abi trennen sich die Wege.

Winter 2002. Frie hat eine kleine Tochter bekommen, Robert ist erfolgreicher Musiker. Es kommt zu einer zufälligen Begegnung. Sie fühlen sich sofort wieder nah, aber irgendwie passt es wieder nicht.

Sommer 2022. Beide sind in ihren Fünfzigern und wieder in neuen Lebensphasen. Ein Klassentreffen steht an, für das Robert bereits abgesagt hat. Sie sehen sich, Erinnerungen kommen hoch und etwas Neues entwickelt sich.

Tipp: Verpasst kein Klassentreffen! Es könnte sich lohnen und in jedem Fall recht lustig werden. Julia Karnick erzählt eine komplizierte und dabei sehr feine Geschichte über eine Jugend, das Erwachsenwerden, Ältersein und Jungbleiben. Die Figuren schillern so farbig wie plastisch, dass man meint, alte Bekannte wiederzuerkennen – herzig und lustig.

Julia Karnick: „Man sieht sich“
dtv, 480 Seiten, 23 Euro
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Ein wichtiges Sachbuch: „Ungleich vereint“ von Steffen Mau

Eigentlich herrschte viele Jahre in Deutschland die Erkenntnis vor, dass sich Leben und Denken im Osten und Westen einander angleichen sollten und quasi zwangsläufig auch werden. Stattdessen scheinen sich die Gräben stetig weiter zu vertiefen. Steffen Mau, aus Rostock stammender Soziologe an der Humboldt-Uni Berlin, erklärt, wo und warum die Unterschiede immer ausgeprägter zu werden scheinen. Insbesondere das Staats- und Demokratieverständnis unterscheide sich in einigen Teilen der Gesellschaft erheblich. Sehr klar, verständlich und in einem freundlichen Grundton führt der Autor die Ursachen hierfür aus und erläutert, dass sich die Unterschiede wohl auf Dauer nicht einebnen lasse. Mau schlägt Maßnahmen zur gesellschaftlichen Partizipation und damit zur Stärkung der Zivilgesellschaft vor, die zur weiteren Diskussion in Ost und West anregen.

Das Buch ist eine sehr sachliche und gut lesbare Analyse der Verhältnisse in Deutschland und gerade im Vorfeld der Wahlen in den östlichen Bundesländern eine so sinnvolle wie sicherlich notwendige Lektüre.

Steffen Mau: „Ungleich vereint“
Suhrkamp, 168 Seiten, 18 Euro
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International Booker Prize für „Kairos“ von Jenny Erpenbeck

Jetzt wieder da: Jenny Erpenbeck: „Kairos“. Der Roman erzählt die Beziehungsgeschichte einer jungen Frau und eines älteren Mannes vor dem Hintergrund der untergehenden DDR und der späteren Transition des vereinten Deutschland. Das Buch wurde mit dem diesjährigen International Booker Prize ausgezeichnet. Der Preis geht an Autoren und deren Übersetzer für herausragende Romane, die ins Englische übersetzt weltweit bemerkenswert sind.

Auch wieder verfügbar sind jetzt auch andere sehr lesenswerte Bücher von Jenny Erpenbeck wie „Heimsuchung“. Hier geht es auch um die zeitgeschichtlich interessante Geschichte über ein Sommerhaus an einem märkischen See mit drei Familien über fünf Generationen mit den Tiefen und Höhen der jüngeren deutschen Geschichte. Beide Bücher bieten reichlich Diskussionsstoff, sind daher auch für Lesekreise bestens geeignet.

Jenny Erpenbeck: Kairos
Penguin Taschenbuch, 384 Seiten, 14 Euro
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Heimsuchung
Penguin Taschenbuch, 192 Seiten, 13 Euro
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„Das Buch meines Lebens“ – Aktion zum Welttag des Buches 2024 – Dankeschön an alle, die teilgenommen haben!

Das Poster zum Welttag des Buches ist fertig! 307 KundInnen und FreundInnen der Buchhandlung hatten uns verraten, welches Buch sie in ihrem Leben ganz besonders berührt hat. Viele hatten auch ein Foto von sich und dem Buch zur Verfügung gestellt. Leider konnten wir nicht alle auf das Poster bringen, aber viele werden sich darauf wiederfinden. Wer möchte, kann sich gerne ein Exemplar des Posters in der Buchhandlung abholen und sich von den genannten Büchern inspirieren lassen.

Ganz herzlichen Dank allen, die sich an dieser Aktion beteiligt haben!

Sommerbuch des Monats: „Helle Sommer“ von Sophie Astrabie

Mit Sicherheit eines der schönsten Sommerbücher des Jahres: „Helle Sommer“ von Sophie Astrabie

Billie wächst in ziemlich bescheidenen Verhältnissen bei ihrem Großvater in der französischen Provinz auf, die Mutter ist früh verstorben. Das Mädchen trifft schon als Kind im Sommer Maxime, ein Junge aus dem fernen Paris, der ihr das schönste Geschenk ihres Lebens macht – einen Walkman, der aber aus einer anderen Welt kommt. Seiner Mutter ist dieser sommerliche Umgang gar nicht recht. Die beiden sind sich so nah und doch über viele Jahre füreinander unerreichbar.

Sophie Astrabie hat eine sozialkritische Geschichte in der Tradition von Annie Ernaux geschrieben, aber doch ganz anders – so charmant erzählt, mit viel Empathie und Zuneigung für ihre Figuren, denen sie das ganz große Unglück nicht gönnen will.

Sophie Astrabie: „Helle Sommer“
Aus dem Französischen von Isabella Bautz
S. Fischer, 272 Seiten, 24 Euro
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Jugendbuchtipp: „Der verschwundene Wal“ von Hannah Gold

Lust auf Bekanntschaft mit Weißschnauze? Eines dieser Jugendbücher, die auch Erwachsene absolut nicht kalt lassen: „Der verschwundene Wal“ von Hannah Gold. Im Mittelpunkt steht der elfjährige Rio in London. Seine Mutter geht wegen einer Depression in eine Klinik, weshalb der Junge einige Zeit bei seiner Großmutter in Kalifornien verbringen soll, in mehrfacher Hinsicht eine sehr schwierige Zeit für Rio. Bei seiner Großmutter entdeckt er ein Skizzenbuch seiner Mutter, das eine tiefe Liebe zu Walen offenbart. Rio entdeckt damit ein Thema, das für ihn eine Verbindung zu seiner abwesenden Mutter bildet und dafür sorgt, dass sich für ihn ein ganz neuer Horizont öffnet. Auf einer Walbeobachtungsfahrt entdeckt er das Grauwalweibchen Weißschnauze. Zwischen den beiden scheint sich eine schon fast magische Beziehung zu entwickeln.

Ein im wahrsten Sinne wunderbarer Roman über einen jungen Menschen und seine tiefe Verbindung zu Menschen und Tieren. Ganz besonders sind die bewegenden Illustrationen von Levi Pinfold. Es könnte sein, dass man als Leser gegen Ende meint, etwas ins Auge bekommen zu haben. Der Schluss lässt einen ergriffen glücklich und mit einigen neuen Erkenntnissen über Wale zurück.

„Der verschwundene Wal“
von Hannah Gold,
Illustrationen von Levi Pinfold,
Aus dem Englischen von Sylke Hachmeister
Von Hacht Verlag, 284 Seiten, 18 Euro
Empfohlen ab 10 bis 14 und noch viel älter
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Zwei ganz besondere Kochbuchtipps: „Frühlingsgenuss und Sommerliebe“ und „Rosensirup und Wildapfelgelee“

Helle Freude auf dem sonnigen Brandplatz: Eindeutig bricht genau jetzt der Sommer aus! Dazu holt euch die passenden Bücher zum Wohlfühlen:

– „Frühlingsgenuss und Sommerliebe“ von Elena Klink, Thorbecke, 200 Seiten, 29 Euro
Lust auf die schöne Zeit machen leichte, vegetarische Rezepte für drinnen und draußen. Es geht um Leckeres fürs Picknick oder die Gartenparty und die erfrischenden Getränke dazu.
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– „Rosensirup und Wildapfelgelee“ von My Feldt, at Verlag, 278 Seiten, 37 Euro
Das Kultbuch für naturnahes Genießen liefert Inspirationen für Säfte, Sirups, Gelees, Marmeladen und Kompotts. Im Mittelpunkt stehen natürliche Zutaten und eine nachhaltige Verarbeitung.
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Buchtipp: „Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“ von Saša Stanišić

Schon was Außergewöhnliches gelesen in diesem Jahr? Ganz frisch erschienen ist das Buch von Saša Stanišić mit dem Titel
„Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“.

Es ist kein Roman, es sind auch auch keine klassischen Kurzgeschichten, eher ein verspielter Prosastrom mit Stammpersonal, fasziniert von der Idee, für nur 130 Mark einen Proberaum des Lebens zu betreten und mal zu schnuppern, wie das spätere Leben verlaufen könnte. Will man das wissen? Die Knilche im Buch wollen das und da ist auch der Erzähler Saša, der einmal auf Helgoland ein Gasthausschild geklaut haben soll, so wird gemunkelt. Ein Text mit viel Erzählkunst und diversen seltsamen Meta-Ebenen. Es geht um die entscheidenden Zufälle im Leben, den Kampf gegen Konventionen, den Frust im Memory-Spiel, über Zugehörigkeit sowie Identität und allerlei Anderes. Recht vieldeutig ist dieses Buch. Und ziemlich lustig.

Saša Stanišić: Möchte die Witwe …“
Luchterhand Verlag, 254 Seiten, 24 Euro
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Vom Kunden empfohlen: „Andy Africa“ von Stephen Buoro

Ganz besonders nette Urlaubspost hat uns in diesen Tagen erreicht: Aus der Reihe „Freunde der Buchhandlung empfehlen“ berichtet Thomas von seinem Leseerlebnis mit Stephen Buoros starken Debütroman „Andy Africa“:

„Ich danke Stefan Jakubik für diese tolle Empfehlung [Aber sehr gerne!]

Urlaubszeit ist Lesezeit – und wer eintauchen möchte in eine lyrische Coming of Age Story – wie man sie lange nicht mehr in den Bücherregalen finden konnte, der sollte dieses Buch unbedingt in den Reisekoffer packen. Man möchte Andy an sich drücken, ihn trösten und sein so tragisches und junges Leben mit etwas mehr Glück versöhnen.

Man bekommt ein Gefühl für die Ungerechtigkeiten,  für das Verhängnis dieses Kontinents. Würde ich nicht auch versuchen, dem zu entkommen?“

Stephen Buoro: „Andy Africa“
Rowohlt Verlag, 416 Seiten, 24 Euro
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Paul Auster-Abend: Gespräch über Leben und Werk des Autors mit seinem Übersetzer Werner Schmitz

Viele kamen zur Veranstaltung zu Paul Auster in die Buchhandlung. Thema waren Werk und Leben des kürzlich verstorbenen US-amerikanischen Autors. Zu Gast: sein Übersetzer Werner Schmitz. Es ging um die Motive Zufall und Vatersuche in Austers Büchern, sein Leben und die Liebe, literarische Vorbilder, Politik und Geschichte der USA, das Schreiben mit der Hand und auf der Schreibmaschine, Austers Filme, Brooklyn, das Rauchen und Baseball. Werner Schmitz erzählte über die Tücken und Freuden des literarischen Übersetzens.

Zum Einstieg in das Auster-Universum empfahlen Werner Schmitz „Baumgartner“ und der Buchhändler Stefan Jakubik die früheren Werke „New York Trilogie“ und „Mond über Manhattan“.

Paul Auster:

  • Baumgartner, Rowohlt, 22 Euro
  • New York Trilogie, Rowohlt Taschenbuch, 16 Euro
  • Mond über Manhattan, Rowohlt Taschenbuch, 16 Euro