Buchtipp: „Coast Road“ von Alan Murrin
Der irische Autor Alan Murrin nimmt uns in seinem Debütroman „Coast Road“ mit in den beeindruckenden und fesselnden Kosmos der Menschen einer Kleinstadt im Nordwesten Irlands im Jahr 1995. Drei Frauen, ihre Familien und das Umfeld lernen wir bis in die intimen Details ihrer Hoffnungen, Sorgen und Grenzen kennen: zum einen Izzy, verheiratet mit dem Lokalpolitiker James. Ihr Lebenstraum, an der Hauptstraße der Stadt einen kleinen Laden zu betreiben, sabotiert ihr Ehemann nachhaltig und erfolgreich. Das ist einer von mehreren Gründen dafür, dass Izzy das Scheitern ihrer Ehe ständig bewusst wird. Zum Zweiten erleben wir Colette, die Femme fatale des Ortes, von den Männern wegen ihrer Schönheit heimlich begehrt, von den Frauen wegen ihrer Tapferkeit und ihrer natürlichen Eleganz bewundert, aber auch von allen ausgegrenzt, weil sie sich über die geltenden Regeln hinweggesetzt hat. Von einem kleinen Cottage an der titelgebenden Küstenstraße aus will sie Kontakt zu ihren Kindern wiederaufbauen. Dritte Frau ist Dolores. Sie ist unglücklich gefangen in einer Ehe mit dem zur Gewalt neigenden Schürzenjäger Donal. Der Roman, bei dtv in einer wunderschönen Ausstattung erschienen, erzeugt eine ganz besondere Spannung. Wie in einem Tschechow-Stück sind die Figuren in ihrem Gefühlsleben verhängnisvoll untereinander verwoben und den gegebenen Umständen ausgeliefert. Setzt sich insbesondere eine Frau über die Grenzen und Regeln hinweg, entsteht eine Dynamik mit weitreichenden Folgen. Dabei hat der Autor seine Figuren sehr sensibel, liebevoll und menschlich – jede mit Stärken und Schwächen – gestaltet, dass sie den Leserinnen und Lesern sehr nahekommen. Man kennt und liebt sie doch alle.
Alan Murrin: „Coast Road“, Roman
aus dem Englischen übersetzt von Anna-Nina Kroll
dtv, 2025, 384 Seiten, 24,-
Ansehen im Onlineshop